Dass er ausgerechnet im Kernland der Kernobstbrände das schottische Lebenswasser herstellt, ist so verwunderlich nicht, wie es scheint. Zum einen ist Whisky „grundsätzlich nichts anderes als ein Getreidebrand“, lässt er wissen. Außerdem ist Mühlhäuser ein Mann mit vielen Neigungen, was sofort auffällt, wenn er das Scheunentor öffnet. Er steht auf Pferde und auf Pferdestärken. Neben einem Fohlen und der veritablen Zuchtstute parkt ein wahrer Gigant mit einem 5,5-Liter-Motor. „Unimogs sind meine Leidenschaft“, bekennt er.
Gleich nebenan geht er einer weiteren Leidenschaft nach, dem Brennen von hochprozentigen Spirituosen. Was da aus der Apparatur tropft, hat mehr Alkoholgehalt, als sein Unimog PS. Dem liegt ein diffiziler Prozess zugrunde, der einem Erfahrung und Wissen abverlangt, zumal das Erzeugnis dem Gaumen schmeicheln soll. Zunächst setzt Mühlhäuser die Maische an: Weizenmehl wird mit 70 Grad heißem Wasser vermengt, sobald es auf 55 Grad abgekühlt ist, kommt „wie beim Bier brauen“ Malz dazu, was die Verzuckerung in Gang setzt. Dann wird die Masse mit Hefe versetzt, die den Zucker in Alkohol umwandelt.
Nach fünf Tagen kommt die Maische in die Brennblase, wo der erhitzte Alkoholdampf nach oben steigt, abkühlt und wieder in den flüssigen Aggregatzustand gerät. Dann wird die Prozedur wiederholt, bevor der hochprozentige Schnaps erstmals aus dem Hahn rinnt, aber noch nicht trinkbar ist. „Das ist der Vorlauf“, erklärt der Fachmann, „er muss abgetrennt werden.“ Was man technisch machen könne, sagt Mühlhäuser, der jedoch die klassische Methode „mit dem Finger“ bevorzugt. „Der Vorlauf schmeckt wie Klebstoff.“ Erst hernach fließt mit dem „Mittellauf das Herzstück“.
Was ihn erst zum Whisky macht, ist das Fass, in dem er mindestens fünf Jahre gelagert wird und dessen Aroma er annimmt, je nach dem, was vorher drin war. Denn zuvor ist Whisky „eigentlich nichts anderes als ein Korn“. Der 61-Jährige bevorzugt Weißwein- oder Sherryfässer, und neuerdings ein Fass, in dem einst norditalienischer Amarone-Rotwein lagerte. „70 bis 80 Prozent des Geschmacks kommt aus dem Fass“, sagt er, der bereits seit 17 Jahren schwäbischen Whisky herstellt, der es mittlerweile sogar in die legendäre „Whisky-Bibel“ geschafft hat.
Brennrecht übernommen
Wobei Hermann Mühlhäuser auch klassische Obst-Brände herstellt, vom Zwetschgenwasser bis zum Destillat aus der „Schweizer Wasserbirne“. Zu verdanken hat er dies unter anderem seinem Vater, der wiederum von der Großmutter angehalten wurde, im Winter Schnaps zu brennen. Daraufhin hatte er das Glück, mit dem Gasthaus „Krone“ auch das dort verankerte Brennrecht zu übernehmen.
Eine Genehmigung, die bis heute nicht einfach zu bekommen ist und landläufig als Lizenz zum Gelddrucken gilt, was Mühlhäuser allerdings relativiert. Einerseits gebe der Zoll die Herstellungsmenge strikt vor, andererseits würden unmittelbar Steuern fällig, sobald ein Brand fertiggestellt sei. Was bei einer langen Lagerzeit, wie im Whisky-Fall bedeutet, dass bereits fünf Jahre bevor auch nur eine Flasche verkauft worden ist, bereits der Fiskus bedient werden muss. „Eine katastrophale Kapitalbindung“, wertet Mühlhäuser, der 40 Jahre lang hauptberuflich als Banker gearbeitet hat.
Dafür wurde ihm aber auch viel Ehre zuteil: Neben diversen Prämierungen für seine Produkte ist der 61-jährige in den erlauchten Kreis der französischen Calvados-Brenner und Cidre-Hersteller aufgenommen worden, wie die Urkunde in seinem Hofladen beweist. Die noch bessere Nachricht: seine Spirituosen verursachen offenbar keine Kopfschmerzen. „Nichts ist gezuckert, es sind alles naturreine Destillate, da stehe ich dazu.“
Quelle: SWP